Produktmanager*innen werden in Teams normalerweise einzeln besetzt. Fehlen sie, kann ihr Knowhow von anderen Teammitgliedern nur bedingt kompensiert werden. Das führt zunächst zu einer Dysbalance und einem überproportional hohem Produktivitätsverlust und auf Dauer zu Frust beim gesamten Team.
In den letzten Jahren hat sich die Bewerberlage für Jobs im Bereich digitaler Entwicklung zugespitzt. Wenn heute erfahrene Mitarbeiter*innen kündigen, in Elternzeit gehen oder in andere Abteilungen wechseln, ist eine schnelle Neubesetzung eine Herausforderung. Insbesondere hoch qualifizierte Bewerber*innen sind rar geworden.
Welche Strategien gibt es, diesen Trend zu antizipieren und sich im Wettbewerb um Talente zu behaupten?
Adaption der Position statt Kompromisse bei der Besetzung
Fehlen ausreichend geeignete Bewerber*innen, sollte keine Einstellung erfolgen. Wo eine Überforderung abzusehen ist, wird es zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis kommen und die gesamte Team-Performance leidet darunter.
Da insbesondere erfahrene Bewerber*innen und Spezialisten fehlen, können bei ausreichender Seniorität des vorhandenen Produkt-Teams die Anforderungen an die neue Position gesenkt werden. Die Verantwortung wird neu verteilt und eine juniorige Position geschaffen, welche einfacher zu besetzen ist. Gleichzeitig bekommen vorhandene Mitarbeiter*innen eine zusätzliche Entwicklungschance.
Direkte Ansprache von potentiellen Kandidaten
Mit einer direkten Ansprache können Kandidaten gefunden werden, die zwar nicht aktiv suchen, aber offen für Angebote sind. Diese können mit speziell dafür entwickelten Recruiting-Produkten wie z.B. von XING oder LinkedIn gesucht und verwaltet werden. Insbesondere wenn die Personalabteilung diese aktive Herangehensweise professionell unterstützt, kann der Pool an geeigneten Bewerber*innen deutlich wachsen. Ein zusätzlicher Vorteil bei diesen Kandidaten ist, dass sie selten parallel weitere Angebote zur gleichen Zeit erhalten.
Flexibilisierung der Standorte
Soweit nicht geschehen, kann eine Lockerung der lokalen Restriktion (Arbeit an einem Standort) für ein erheblich größeres Feld an Bewerbern sorgen. Dabei gibt es zwei grundlegende Alternativen: mit verteilten Teams an verschiedenen Orten im Homeoffice oder an bestehenden Standorten zu arbeiten oder ein gesamtes Team an einem neuen Standort aufzubauen. Ist es möglich, Englisch als Sprache einzusetzen, kommen sehr viel Standorte in Frage, wobei Zeitzonen und Kultur zu beachten sind. Für alle Varianten sollten Infrastruktur und Prozesse für verteiltes Arbeiten ausgereift genug sein. Es empfiehlt sich ein Pilotprojekt.
Je nach Team und Aufgabe kann es sein, dass verteiltes Arbeiten nicht die gleiche Qualität erreicht wie die gemeinsame Arbeit an einem Standort. Jedoch gibt es kaum größere Qualitätskiller als mittelmäßige oder fehlende Mitarbeiter in Teams. Die Frage, ob verteilte Arbeit zielführend ist, sollte daher nicht zu theoretisch geführt werden, sondern anhand konkreter Alternativen.
Potentialpool selbst ausbilden
Langfristig geplant können neue Talente durch Traineeprogramme, Werkstudentenpraktika, duale Ausbildungsformate und andere Formen der praxisnahen Ausbildung aufgebaut werden. Sie bilden einen konstanten Pool an potentiellen juniorigen Kandidaten und entlasten so den Einstellungsdruck. Außerdem können sie durch Ihre Arbeit für Entlastung sorgen und sind bei Einstellung teilweise schon eingearbeitet.
Reorganisation der bestehenden Teams
Sind genug Mitarbeiter im Pool diverser Teams vorhanden, ist eine Reorganisation der bestehenden Teams eine weitere Möglichkeit. Die Orientierung findet am Engpass statt. Davon ausgehend werden Teams wo nötig neu zusammengestellt und nach Bedarf Rollen und Themen teilweise neu verteilt. Weitere Möglichkeiten entstehen, wenn eine Reorganisation auch mit der Flexibilisierung von Standorten einhergeht. Solche aufwändigen Vorhaben sind insbesondere dann sinnvoll, wenn der Veränderungsdruck durch die aktuelle Situation hoch ist oder eine Reorganisation der Teamstruktur generell vonnöten wäre.
Spezifisches Employer Branding
Employer Branding ist Marketing für potentielle Mitarbeiter und damit generell eine gesamtheitliche Unternehmensaufgabe. Jedoch kann der Produktbereich durch Sprecher*innen auf Konferenzen, Teilnahme an Universitätsaktivitäten, Publikationen in diversen Medien und generell Netzwerkaktivitäten einen eigenen Beitrag dazu leisten. Solche Aktivitäten können die Chance erhöhen, potentielle Kandidaten auf offene Positionen aufmerksam zu machen und Ihr Interesse zu wecken.
Guerilla Aktionen
Kreative Teams oder Personalabteilungen können versuchen, mit einer guten Idee viel Aufmerksamkeit und im Idealfall auch viele potentiellen Bewerber zu erreichen. Beispiele findet man im Netz unter Begriffen wie Ambient Recruiting, Trojan Recruiting, Viral Recruiting oder Conspiracy Recruiting. Wenn genug Budget verfügbar ist, kann eine passende Agentur unterstützen. Vor Umsetzung sollte auf jeden Fall die Personalabteilung und Geschäftsführung involviert werden.