Den B2B-Konflikt überwinden: Kundenorientierung und strategische Ziele in Einklang bringen



In der B2B-Produktentwicklung – insbesondere dort wo wenige größere Kunden zur Zielgruppe gehören – herrscht ein ständiger Konflikt zwischen Kundenorientierung und strategischen Zielen. Auf der einen Seite stehen Vertrieb, Support und weitere kundennahe Teams, die durch schnelle Erfolge und individuelle Ziele angetrieben auf individuelle Kundenlösungen und sofortige Ergebnisse drängen. Auf der anderen Seite stehen Produkt- und Entwicklungs-Teams, die versuchen, langfristige Strategien umzusetzen und auf standardisierte Funktionen und skalierbare Architekturen setzen. Diese Diskrepanz endet oft in einem „Wir gegen Die“-Kampf. Die Folgen können sowohl zu latenter Unzufriedenheit der Mitarbeiter als auch zum langfristigen Misserfolg führen.

Das Dilemma der ständigen Opportunitäten und kleinen Anpassungen

Die erhofften Ergebnisse langfristiger Entwicklungen sind zuerst theoretischer Natur. Aktuell greifbare Opportunitäten (Kundengewinn) dagegen sind real greifbar. Daher tendieren Entscheidungsträger dazu, diese Opportunitäten nicht liegen zu lassen. Jede Anfrage für eine Anpassung mag isoliert betrachtet klein erscheinen. Eine einfache Optimierung hier, eine einzigartige Integration dort. Aber in der kumulativen Wirkung können sich diese kurzfristige Erfolge auf Kosten der langfristigen Gesundheit und des Erfolgs negativ auswirken. Ressourcen arbeiten an Anforderungen ohne Hebel, die Produktkomplexität steigt enorm und ebenso die Folgekosten für Wartung und Support. Gleichzeitig verliert man gegenüber Entwicklungen im Markt oder in der Technologie an Zeit und baut so technische oder Produktschulden auf.

Je extensiver Opportuniäten wahrgenommen werden, desto extremer werden die Auswirkungen. Irgendwann arbeiten Produkt- und Entwicklungs-Teams nur noch reaktiv. Die Produktentwicklung stagniert, Innovationen finden nicht mehr statt und die Produkte werden anfällig gegen die Alternativen des Wettbewerbs. Kehrt sich der Prozess nicht schnell um, so landet das Produkt in einer strategischen Sackgasse, aus der es kaum noch zu retten ist. 

Aus einem systemischen Problem einen Vorteil schlagen 

Da die Wettbewerber das gleiche Problem haben, ist die einzig sinnvolle Lösung, einen Ansatz zu verfolgen, der diese systemische Problem löst. Dafür müssen einige Aspekte angepasst werden: 

  • Die Führungsebene erkennt die systemische Natur des Problems an und passt die Erwartungen und Leistungsmessung entsprechend an.
  • Ziele und Boni sollten die gemeinsamen langfristigen Unternehmensziele widerspiegeln. Mitarbeiter und Teams sollten dafür belohnt werden, dass sie strategische Ziele verfolgen.
  • Nicht nur Opportunitäten, sondern auch die Opportunitätskosten werden betrachtet. Finanzielle Auswirkungen von individuellen versus standardisierten Lösungen oder der Arbeit an alternativen Szenarien werden eruiert und führen dann dazu, dass insbesondere strategisch wertvolle Opportunitäten bevorzugt werden.
  • Es werden alternative Wege gesucht, um Kundenbedürfnisse zu befriedigen. Die Nutzung von Schnittstellen und die  Zusammenarbeit mit komplementären Partnern oder Dienstleistern für spezifische Kundenanforderungen könnten z.B. solche Lösungen sein.
  • Positive und effektive Beziehungen zwischen diversen Teams und Interessensgruppen werden aktiv gefördert und von allen Managementebenen unterstützt.

Durch die Überbrückung der Kluft zwischen Kundenorientierung und strategischer Vision kann die B2B-Produktentwicklung einen strategischen Vorteil erzielen. Es geht nicht darum, die Kundenbedürfnisse zu vernachlässigen, sondern darum, nachhaltige Lösungen zu finden, die sowohl einzelnen Kunden als auch dem langfristigen Erfolg des Produkts zugute kommen.


Wie gut hat Dir dieser Artikel gefallen?

Klicke auf die Sterne um zu bewerten!

Diesen Artikel teilen:
WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner