Im Produktmanagement bekommen wir jeden Tag Ideen oder Anforderungswünsche von der Unternehmensführung, von Kunden, aus der Entwicklung, vom Betrieb, vom Vertrieb, aus dem Marketing, von Partner, der Rechtsabteilung und von weiteren Stakeholdern.
Das ist gut und wichtig, da relevante Opportunitäten, Ideen oder Innovationen darunter sein können. Diese gehören zu denen, die wir suchen. Die meisten Vorschläge jedoch werden nach der Qualifizierung nicht weiter verfolgt. Das gilt nicht nur für solche, deren Annahmen falsifiziert worden sind.
Warum „nein“ sagen notwendig ist
Viele Opportunitäten mögen isoliert betrachtet valide sein, aber ohne ausreichenden Mehrwert im Vergleich zu anderen. Entweder, da sie zu klein sind, oder da sie auf lange Sicht keinen zusätzlichen Beitrag zur Strategie leisten. Denn eine gute Strategie potenziert den Wert der einzelnen Opportunitäten. Sie verstärken sich im Zusammenspiel gegenseitig und werden dadurch erst richtig groß.
Um in der Lage zu sein, eine erfolgreiche Produktstrategie zu verfolgen, ist es essentiell, zu den meisten Vorschlägen und Ideen „nein“ zu sagen. Sonst stecken Produkte und Unternehmen in der Optimierungsfalle. Die Entwicklung verkommt zur Anforderungs-Fabrik, die „strategiefrei“ den Umsatz zu optimieren versucht und dadurch irgendwann in eine Sackgasse landet.
Lieber „ja“ sagen
Was dennoch bleibt: „Nein“ zu sagen ist unbeliebt und man wird schnell zur „Erfolgsbremse“. Statt also „nein“ zu sagen, sagen wir besser „ja“ – nur zu anderen Dingen, die aufgrund einer verständlichen Logik wichtiger sind. So relativieren wir die negative Nachricht, in dem wir sie mit einer positiven verbinden, die akzeptiert werden kann. Es geht nicht darum, ironisch zu werden, sondern die Anfrage in den richtigen Kontext setzen und sie damit in Ihrer Bedeutung zu relativieren.
Wünsche auflösen, in dem größere Wünsche geweckt werden
In dem Moment wo wir „nein“ sagen wollen, tun wir dies, um das größere Ganze zu optimieren. Um den richtigen Kontext zu geben, sollten wir daher auf der Argumentationsebene des jeweiligen Stakeholders bleiben und Sie oder Ihn davon überzeugen, dass die jeweilige Anforderungen uns dabei nur aufhalten würden. Drei Beispiele zur Erläuterung:
– Statt mit einem Dutzend Anforderung aus diversen Opportunitäten 45 Kunden zu gewinnen, lieber 150 neue Kunden durch die geplante strategische Erweiterung auf eine neue Zielgruppe gewinnen.
– Anstelle von 10% Wachstum im heutigen Markt durch eine Kooperation zu realisieren, besser 30% Wachstum durch eine weitere Internationalisierung ermöglichen.
– Statt vieler kleiner Änderungen ohne wesentlichem Mehrwert lieber ein Strategieschwenk auf ein neues Preismodell, welches ein viel höheres Umsatzpotential entwickeln kann.
Bei einigen Themen, z.B. technische Erneuerungen, wird diese Form der Argumentation schwieriger. Hier sollte besser ein Konsens geschaffen werden, in dem ohne diese Veränderungen keine relevante Zukunft gesehen wird. Solche Entwicklungsziele sollten daher eher als Grundsatz oder Prinzip verankert werden und nicht zur Disposition stehen.
Die wesentlichen Erfolgsfaktoren in der Umsetzung
Dieses Vorgehen setzt im Gegenzug einiges im Produktmanagement voraus:
- Eine verständliche und grundlegend akzeptierte Strategie, an die geglaubt wird und die Ergebnisse liefert.
- Markt- und Produktwissen sowie die grundlegende Beherrschung von Zahlen, Fakten und Testprinzipien, um datenbasiert und nicht aufgrund von Annahmen zu argumentieren.
- Ein Prozess zur Auftragsklärung und zur Analyse (Discovery) von Opportunitäten, welches qualitative und akzeptierte Ergebnisse liefert und dieses Wissen streut.
- Eine Kommunikation, in der die Entscheidungen des Produktmanagements für andere Stakeholder transparent und nachvollziehbar wird.
Diese Erfolgsfaktoren führen mit der Zeit zu Vertrauen in die Entscheidungen des Produktmanagements. Je mehr Vertrauen die Stakeholder haben, desto kooperativer werden sie die Entscheidungen unterstützen. Die Arbeit wird so auf beiden Seiten angenehmer und erfolgreicher.